Trentepohlia aurea

Trentepohlia aurea Mart.
ist kein Pilz, sondern eine luftbewohnende Grünalge, also eine Pflanze
Farbige Schuppengrünalge

Fundbeschreibung von Hansjörg Kevenhörster

Wegen Corona verspätet, veranstaltete der Pilzkundliche Verein Vorarlberg am 12. Juni seine erste Pilz-Exkursion des Jahres 2021. Als Exkursionsgebiet wurde der Galinawald unterhalb des Galinatals am Beginn des Walgaus im Ortsteil Bardella an der Gemeindegrenze zwischen Frastanz und Nenzing ausgewählt. Im Mischwald entlang der Galina, einem Wildbach mit meist klarem Trinkwasser, begann unsere Exkursion ansteigend von einer Höhe in 513 m ü.A. aus. Dort hat der Galinawaldverein eine schöne Kneippanlage errichtet, die nach der Exkusion entgegen der ausdrücklichen Bitte des Instandhalter-Vereins von uns als Picknick-Platz benützt wurde. Hier führt eine Zuleitung des reinen Quellwassers aus der Galina, welchem auch Heilkräfte zugeschrieben werden, über mehrere Holztröge in die Wassertrete. Diese aus Baumstämmen gehauenen Tröge waren von orangefarbenen Gewächsen besiedelt. Ich weiß nicht, ob sich sonst noch jemand der 14 dort verweilenden Exkursionsteilnehmer für den auffallenden Bewuchs an der Außenseite der entrindeten Tröge interessiert hat. Jedenfalls fotografierte ich als aufmerksamer Naturbeobachter diese mir noch unbekannten Organismen und entnahm einige kleine Proben zum Mikroskopieren. Ich vermutete, dass es sich hierbei um Tomentella bryophila (Rostgelber Rundspor-Filzpilz) oder ein anderes Filzgewebe handeln könnte. Aber meine mikroskopischen Untersuchungen brachten mich dann zur Annahme, dass es Botryobasidium robustius (Kräftige Traubenbasidie) sein sollte. Jedoch die Mikromerkmale stimmten auch nicht so hundertprozentig mit der Literatur überein, wie es eben für eine seriöse Bestimmung sein müsste.

Somit war ich vorerst mit meinem „Latein“ am Ende und wusste zum Glück, dass mir in diesem Fall nur noch Frau Ao.Univ.-Doz. Mag. Dr. Irmgard Krisai-Greilhuber, Präsidentin der Österreichischen Mykologischen Gesellschaft, helfen kann. Also sandte ich ihr per Post ein paar Exsikkate ins Departement für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien, Rennweg 14, 1030 Wien (Uni Wien) und per WeTransfer zahlreiche Fotos sowie dazu auch ein Begleitschreiben. Zusätzlich schickte ich ihr noch eine Ankündigung per Mail, damit sie etwa wusste, was da auf sie zukommt. Genau fünfunddreißig Minuten später erhielt ich von Irmgard folgendes Antwort-Mail: „Guten Abend Hansjörg, da hast du eine Trentepohlia gefunden, eine luftbewohnende Grünalge. Die ist mit ihrer orangen Färbung sehr auffällig. Die Vertreter wachsen auch auf Silikat- oder Kalkgestein, jeweils andere Arten. Und auf Bäumen, Borken, etc. Es gibt da mehrere Arten. Am häufigsten ist Trentepohlia aurea. Bestimmen kann man die z.B. mit dem Pascher: Süßwasserflora Mitteleuropas. LG Irmgard“

Also sind die unten abgebildeten Gewächse keine Pilze, sondern luftbewohnende Grünalgen, die dem Pflanzenreich zugeordnet werden. Trentepohlia aurea ist eine durch Carotinoide intensiv orange gefärbte Grünalge, die entgegen der meisten anderen Algengattungen außerhalb des Wassers lebt. Von der Gattung Trentepohlia sind schon über 50 Arten bekannt, wovon Trentepohlia aurea bei uns die häufigste Art ist, welche zudem auch weltweit vorkommt.

Für mich sind diese Organismen genau so faszinierend, wie eben hauptsächlich die Pilze. Beispielsweise gilt unser unverändertes Interesse ja nach wie vor auch den Schleimpilzen, obwohl sie gar keine Pilze sind. So hoffe ich, mit diesem Algen-Porträt niemanden gelangweilt zu haben und bin der Irmgard zutiefst dankbar, dass sie für mich in wenigen Minuten das Rätsel gelöst hat, welches mich tagelang erfolglos beschäftigt hat. Ohne ihre Erklärung wüsste ich heute noch nicht, dass es sich bei dem orangefarbenen Bewuchs an den hölzernen Wassertrögen im Galinawald um luftbewohnende Grünalgen, also um die Farbige Schuppengrünalge handelt.