Daldinia childiae

Daldinia childiae (JD Rogers & amp; YM Ju)
Birnenförmiger Holzkohlenpilz


Fundbeschreibung von Hansjörg Kevenhörster

Warum bemühe ich mich eigentlich, ein derart ausführliches Pilzporträt ausgerechnet über Daldinia childiae zu erarbeiten? Ja weil’s ziemlich sicher sonst niemand macht! Meine Suche in der gängigen Literatur nach Daldinia ergab, dass wohl in15 Pilzbüchern D. concentrica, beschrieben wurde, aber nur in einem einzigen Buch Angaben über eine zweite Daldinia-Art, nämlich D. childiae zu finden waren. Weitere Daldinia-Arten fehlen komplett. Und weil bisher in nahezu allen Pilzbestimmungsbüchern der „Kohlige Kugelpilz“ nur als Daldinia concentrica beschrieben wurde, liegt natürlich der weit verbreitete Irrtum nahe, dass es sich bei jedem „Kohlenkugelpilz“ um D. concentrica handeln muss. In der Österr. Mykologischen Datenbank sind z.Zt. von D. concentrica 143 Funde und von D. childiae nur 7 Funde eingetragen. Woran mag das wohl liegen, wenn Kenner dieser Gattung bestätigen, dass sie in Vorarlberg, Liechtenstein und in der Ostschweiz am häufigsten Daldinia childiae finden? Ich vermute, dass sich wenige Bestimmer die Zeit nehmen, um einen kurzen KOH-Test durchzuführen. Es kann aber auch sein, dass sie etwas zu wenig darüber Bescheid wissen – und deshalb verfasse ich nun folgende, ziemlich vereinfachte Beschreibung mit anhängenden Fotos.

Der als vermeintlicher Fruchtkörper wahrgenommene Kugelpilz ist tatsächlich das kohleartige Lager (Stroma) für die unzähligen, winzigen Fruchtkörper (Perithezien), in welchen sich die Schläuche (Asci) mit den Sporen entwickeln. Wenn man einen ziemlich großen, mehr oder weniger rundlichen Holzkohlenpilz findet, ist wahrscheinlich schnell einmal klar, dass es sich um einen Vertreter der Gattung Daldinia handeln kann. Dies besonders dann, wenn man nach einem Vertikalschnitt die deutlich sichtbaren Zonierungen feststellt – ganz anders, als bei den Kohlenbeeren, bei welchen diese auffälligen Zonierungen völlig fehlen. Die bei Daldinia so typischen, konzentrischen Zonierungen im Innern des Stromas führen sehr schnell zur Annahme, dass es sich um Daldinia concentrica (Kohliger Kugelpilz oder auch Konzentrischer Holzkohlenpilz) handeln muss, weil nur dieser, wie bereits erwähnt, leider meistens als einziger Vertreter der Gattung Daldinia in den Pilzbüchern aufscheint. Dabei gibt es in Österreich ca. 8 verschiedene Daldinia-Arten.

Diese Pyrenomyzeten (Kernpilze – perithezienbildende Ascomyzeten) besiedeln meist tote Laubhölzer in der Initialphase ihrer Vermorschung und erzeugen dort eine Weißfäule. Die anfänglich rotbraunen und später schwarzen Stromata sind ziemlich lange beständig und überdauern meistens auch die Winterperiode, bevor sie dann wie Holzkohle zerbröckeln. Gelegentlich wächst Daldinia auch auf angekohlten Hölzern und manchmal sogar an noch lebenden Bäumen. Als Wirt wird hauptsächlich die Esche genannt. Verschiedene Daldinia-Arten bevorzugen jedoch spezielle Wirtspflanzen, wie z.B. Erle, Buche, Eiche, Birke, Pappel, Ulme, Eberesche, Ahorn, Hasel, Hainbuche oder Stechginster. Auch Weide sowie Traubenkirsche wurden erwähnt. Wenn auch manchmal über Daldinia zu lesen ist, dass die Unterscheidung ihrer verschiedenen Arten nur mit dem Mikroskop möglich ist, so habe ich allerdings völlig andere Erfahrungen gemacht. Die von mir gefundenen Daldinia-Arten konnte ich zunächst einmal durch ganz andere Merkmale, wie z.B. Wuchsform, besiedeltes Substrat und vor allem aufgrund der Farbreaktion abgeschabter Fragmente aus der äußeren Schicht in 10 % KOH (Kalilauge) grob vorbestimmen. Auch die unterschiedliche Form der winzigen Perithezien (Fruchtkörper in der Außenschicht der Stromata) half mir schon, zwischen manchen Arten zu unterscheiden. So stellte ich z.B. fest, dass diese bei D. childiae einreihig schlankelliptisch aufrecht stehen, während sie bei der D. concentrica unregelmäßig zweireihig angeordnet und kugelig sind. Da die unterschiedliche Wuchsform dieser beiden Arten nicht immer besonders stark ausgeprägt ist, scheint mir der Schnelltest mit KOH vorerst das beste Unterscheidungsmerkmal zu sein. Daldinia childiae ergibt eine deutlich honigfarbene bis orangebraune Färbung, während D. concentrica eine schwache bis mittelstarke lila-violettliche Farbreaktion ergibt. Auf meinen untenstehenden Fotos von Daldinia childiae ist als Besonderheit ihrer Wuchsform zu erkennen, dass der halbkugelige Kopfteil des gesamten Stromas helmförmig die halsartige Basis überragt, während D. concentrica meist kissenförmig in voller Breite auf dem Substrat aufsitzt. Daldinia childiae steht gerne einzeln auf dem Substrat, während D. concentrica oft zu mehreren Stromata dicht gedrängt zusammen wächst.

Wie bei den Pilzen üblich, gibt es natürlich auch hier unter verschiedenen Taxa Ähnlichkeiten, die gerne zu Verwechslungen führen. So ergibt beispielsweise Daldinia vernicosa (Syn.: D. fissa) (Glänzender oder Gestielter Holzkohlenpilz) beim KOH-Test eine sehr kräftige lila-violettliche Färbung und ist meist auch deutlich gestielt. Bei dieser Art ist jedoch die Außenhaut, sogar auch trocken, wie lackiert glänzend und das Innere des Stromas hat zwischen seinen Zonierungen eine gelartige Flüssigkeit, die beim Austrocknen Schwundrisse hinterlässt. D. vernicosa besiedelt gerne angebrannte Hölzer von Birke, Buche, Eiche, Esche, Hainbuche, Hasel und Stechginster. Abschließend sollte auch noch die wesentlich häufiger vorkommende Daldinia petriniae erwähnt werden. Ihre Stromata sind eher klein sowie wellig, kissenförmig und niedergedrückt. Der KOH-Test ergibt nicht immer eine konstante Farbreaktion. Die Oberflächensegmente von frischen, reifen Stromata zeigen anfänglich eine lila-violettliche Reaktion, später wechselt sie zu schmutzig lehmfarben und graulich bis hin zu ungefärbt. Sie kommt gerne in den Alpen und im Alpenvorland an verschiedenen Erlen-Arten vor, soll aber auch schon an Hainbuche gefunden worden sein. Die beiden, sehr seltenen Arten D. decipiens und D. loculata besiedeln hauptsächlich das gleiche Substrat, nämlich Birke. Da beide in KOH auch die gleiche lila-violettliche Farbreaktion zeigen, muss zur Unterscheidung zwischen diesen beiden Arten unbedingt mikroskopiert werden. Glücklicherweise haben ihre Sporenmaße, ganz im Gegensatz zu den meisten anderen Daldinia-Arten, einen deutlichen Größenunterschied zueinander. D. decipiens: (13) 14-18 (20) x 6,5-10 (11). D. loculata: 10-14 (15) x 6-8 (8,5). Daldinia lloydii kommt ebenfalls auf Birke vor. Die schuppige Oberfläche ihres Stromas erzeugt als fast einzige Daldinia-Art eine oliv-grüne bis oliv-ledergelbe Farbreaktion in KOH.
Da uns die meisten Pilzbücher enttäuschend wenige Informationen über die einzelnen Daldinia-Arten bieten, erfreute mich umso mehr ein diesbezüglicher Beitrag im Tintling, Heft 71 (2011) auf den Seiten 65-69. Wer aber die erschöpfendste, aller deutschsprachige Arbeit studieren möchte, der sollte sich die 50 Seiten aus der Zeitschrift für Mykologie, Band 67/1 (2001) von Hartmund Wollweber & Marc Stadler mit dem Titel „Zur Kenntnis der Gattung Daldinia in Deutschland und Europa“ gönnen. Ergänzend zu meinen Ausführungen möchte ich noch erwähnen, dass das einzige Werk aus der pilzkundlichen Literatur, in welchem ich Angaben zu zwei verschiedene Daldinia-Arten fand, der Band 1, „Handbook of Ascomycota“ von Björn Wergen ist. Hier wurde unter der Nr.0171 D. childiae und unter der Nr.0172 D. concentrica beschrieben und bebildert.


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