Puccinia alnetorum Gäum.

Puccinia alnetorum Gäum.
(kein deutscher Name)
an Clematis vitalba (Gewöhnliche Waldrebe)


Fundbeschreibung von Hansjörg Kevenhörster

Am 22. 06. 2020 erfreute mich ein ganz besonderer Fund. Aus einem Gestrüpp junger Clematis-Ranken leuchtete mir in ca. 1,80 Meter Höhe über dem Waldweg zur Tostner Burg eine orange, spiralförmige Wucherung an einem frischen Trieb entgegen. So etwas habe ich an grünen Lianen (Nieala) bisher noch nie gesehen und wie sich später heraus stellte, scheint dieser Fund doch eher zu den selteneren Rostpilzen zu gehören. Nach ausgiebiger Fotodokumentation begannen meine Bestimmungsversuche. In unserem Rostpilz-Bestimmungsbuch „Roesten van Nederland“ von Aad Termorshuizen & Charlotte Swertz (424 Seiten holländisch) ist auf Seite 91 nur Puccinia recondita (Weizen-Braunrost) als einziger Rostpilz auf Clematis angeführt. Obwohl die für diesen Pilz angegebenen Größen der Aeciosporen mit 13-26 x 19-29 µm zu meinen Messungen irgendwie passen würden, stimmte die übrige Beschreibung auf den Seiten 330 bis 333 keineswegs mit meinem Fund überein.

In unserer Vereinsbibliothek haben wir neuerdings auch das ausgezeichnete Buch „Faszinierende Pflanzenpilze“ von Frau Dr. Julia Kruse. Auch hier kann man über den Namen der Wirtspflanze problemlos zum betreffenden Pilz gelangen. Da dort jedoch die Clematis nicht angeführt ist, blieb meine Suche auch in diesem Fachbuch vorerst noch erfolglos. Wahrscheinlich kommt mein Fund viel zu selten vor, um in diesem 528 Seiten starken Buch aufzuscheinen. Deshalb suchte ich im Internet unter „Rostpilze auf Clematis“. Eine zutreffende Abbildung brachte mich dann auf die richtige Spur, aber eine aufschlussreiche Beschreibung fehlte auch dort. Glücklicherweise stieß ich dann endlich auf „jule.pflanzenbestimmung“, die empfehlenswerte, besonders reichhaltige Homepage der Autorin des vorher erwähnten Buches „Faszinierende Pflanzenpilze“. Aufgrund der orangegelben Aecien (Sporenlager) und der becherförmigen Pseudoperidien (Sporenlagerhüllen) mit ausgefransten Rändern meines Fundes ging ich von vornherein schon von der Gattung Puccinia aus. Nun war zum Glück auch noch der Artname alnetorum gefunden und die Beschreibung passte genau zu meinem Fund. Allerdings waren meine Abmessungen der Aeciosporen allgemein etwas größer, nämlich 20-24 x 15-20 µm. Sie sind, wie auch beschrieben rundlich, jedoch meistens ungleichmäßig geformt.

Frau Dr. Julia Kruse führt die Maße der Aeciosporen mit 17-20 x 15-16 µm an und benennt den Zeitraum des Vorkommens mit Mai bis Juli. Als Bemerkung schreibt sie: „Dieser Rostpilz vollführt einen Wirtswechsel. Auf Waldrebe (Clematis) werden die Spermogonien und Aecien gebildet, danach wechselt der Pilz auf Schilf (Phragmites australis), um dort die Entwicklung mit der Ausbildung von Uredien und Telien zu vollenden. Die Bestimmung von Aecien auf Waldrebe ist alles andere als leicht und noch nicht vollständig geklärt. Puccinia recondita kann ebenso auf Waldreben vorkommen, wechselt aber zu diversen anderen Gräsern und soll nicht so große Anschwellungen verursachen. Die Bestimmung dieser hier vorgestellten Art fußte vor allem immer auf der unmittelbaren Nähe von Schilf zur befallenen Waldrebe und die extrem großen Anschwellungen.“

Dazu kann ich bestätigen, dass sich mein Fundort in Feldkirch-Tosters, (47°14’25.0″N 9°34’20.0″E / 47.240278, 9.572222), 530 m ü. A., in der Nähe vom dortigen Egelsee befindet, welcher von einem stattlichen Schilfbestand umgeben ist.

Rostpilze (Pucciniomycotina) zählen zu den Ständerpilzen (Basidiomycota). Die Basidien entwickeln sich aus den Teliosporen. Sie sind als weißlicher Belag auf den Telien erkennbar, aber werden in der freien Natur kaum beobachtet. An ihnen bilden sich die Basidiosporen. Rostpilze bilden zu ihrer vollständigen Entwicklung bis zu fünf unterschiedliche Sporenstadien. Zu ihnen gehören die Spermogonien (mit Spermatien und Pyknosporen), Aecien (mit Aeciosporen), Uredien (mit Uredosporen), Telien (mit Teliosporen) und die Basidien (mit Basidiosporen). Manche Rostpilzarten vollführen einen Wirtswechsel und einige verkürzen ihren Entwicklungszyklus durch das Auslassen bestimmter Stadien. Bisher sind ca. 8.000 verschiedene Rostpilzarten bekannt. Ihr Wirtsspektrum beschränkt sich ausschließlich auf Gefäßpflanzen.

Zudem ist ebenfalls bemerkenswert, dass von Puccinia alnetorum in der Datenbank der Pilze Österreichs bisher nur eine einzige Fundmeldung (Wienerberg „Großer Teich“) eingetragen wurde. Auch in der gesamten Schweiz wurde dieser Pilz während den letzten 29 Jahren erst einmal registriert.



Adressen der im Porträt verwendeten links:
http://www.pilzflora-ehingen.de/pilzflora/arthtml/precondita.php
https://www.flickriver.com/photos/nagysandor/25199753738/
http://jule.pflanzenbestimmung.de/
http://jule.pflanzenbestimmung.de/puccinia-alnetorum/
https://www.123pilzsuche.de/daten/details/Rostpilze.htm
http://austria.mykodata.net/Taxa_map.aspx?qvtaxIdTaxon=298625&
https://swissfungi.wsl.ch/de/verbreitungsdaten/verbreitungsatlas.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Egelsee_(Feldkirch)
https://www.zobodat.at/pdf/Hedwigia_80_1941_0138-0140.pdf
http://www.mycobank.org/BioloMICS.aspx?TableKey=14682616000000067&Rec=264138&Fields=All
https://www.gbif.org/species/3378228